Mein Weg in die Depression – Wie ich mich selbst verlor
- Andy
- vor 6 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Der schleichende Weg in die Dunkelheit
Es beginnt selten abrupt. Es gibt keinen lauten Knall, kein Warnschild, das sagt: "Hier fängt die Depression an." Stattdessen kommt sie langsam, fast unmerklich. Anfangs sind es nur Kleinigkeiten – eine innere Unruhe, eine Müdigkeit, die nicht wirklich zu erklären ist.
Ich erinnere mich an Tage, an denen ich mich gefragt habe, warum ich mich leer fühle, obwohl alles um mich herum eigentlich in Ordnung war. Ich lebte mein Leben, hatte meine Routinen, lachte in Gesprächen, machte Späße. Doch tief in mir wuchs etwas, das ich nicht verstand. Eine Schwere, die mich langsam aber sicher vereinnahmte.
Es ist beängstigend, wenn man anfängt, sich selbst nicht mehr zu erkennen. Vor Jahren war ich jemand, der Dinge liebte, der Spaß im und am Leben hatte. Und doch begann ich, Stück für Stück das Interesse an allem zu verlieren – an Freunden, an Erlebnissen, an mir selbst.
Die Depression kam nicht als plötzlicher Sturm. Sie war mehr wie eine schleichende Flut, die langsam, aber unaufhaltsam anstieg.
Die ersten Warnzeichen: Wenn das Leben an Intensität verliert
Ich habe lange versucht, es mir nicht einzugestehen. Ich habe meine Erschöpfung auf Stress geschoben, meine Niedergeschlagenheit auf eine Phase. Aber irgendwann wurden die "kleinen Veränderungen" zu etwas Größerem.
Was mir zuerst auffiel:
Musik verschwand - Ich konnte kein einziges Lied bis zum Schluss anhören, meist war nach den ersten 10-20 Sekunden schon Schluss, ich skippte zum Nächsten und so weiter.
Emotionen wurden blass – Freude fühlte sich nicht mehr intensiv an. Traurigkeit war diffus, nicht greifbar. Ich lebte in einem emotionalen Grauton, gefangen in einem undurchdringlichen Nebel, der jedes Gefühl verschluckte.
Die innere Unruhe wurde zur ständigen Begleiterin – Mein Kopf war voller Gedanken, aber sie führten zu nichts. Ich konnte nichts mehr "abschalten".
Schlaf war kein Rückzugsort mehr – Entweder lag ich nachts wach und grübelte oder fühlte mich am Morgen trotz acht Stunden Schlaf wie ausgelaugt.
Meine Wohnung wurde vernachlässigt - Ich räumte nur noch das Nötigste auf, wenn überhaupt.
Ich fing an, mich von Menschen zu distanzieren – Nicht, weil ich sie nicht mochte, sondern weil jede Interaktion Kraft kostete, die ich nicht hatte. Zudem glich meine Wohnung dem Chaos in meinem Kopf. Ich hatte Angst davor, an Ansehen zu verlieren.
Arbeit wurde zum zentralen Thema - Ich halste mir immer mehr Arbeit auf, konnte nicht "Nein" sagen, nahm Arbeit regelmäßig mit nach Hause. Selbst im Urlaub hatte ich alles Nötige dabei, um eingreifen zu können.

Ich wurde taub für die schönen Dinge, aber empfänglich für Zweifel, Sorgen, Ängste und negative Gedanken. Ich merkte, wie mich die Welt langsam überforderte. Die Geräusche waren zu laut, die Menschen zu nah – und meine Gedanken kreisten unaufhörlich. Ich fing an, mich zurückzuziehen.
Der Tiefpunkt: Wenn jeder Tag zur Herausforderung wird
Es gibt diesen Moment, in dem man merkt: Ich kann nicht mehr. Aber es gibt ihn oft nicht als großes Drama – manchmal ist es einfach nur eine Erkenntnis, die sich langsam aufdrängt, bis man ihr nicht mehr ausweichen kann.
Für mich war es die völlige Erschöpfung während einer Krankheit und der Erholungsphase. Nicht nur körperlich, sondern emotional, mental.
Ich war müde vom Leben, müde vom Kämpfen, müde von diesem konstanten inneren Druck, müde davon den Schein nach außen zu wahren.
Ein kleines Projekt stand an, das ich leiten sollte. "Wie wird es wohl laufen?", "Werde ich alles richtig machen?", "Hoffentlich enttäusche ich niemanden!" und "Verbock's nicht, das schadet Deinem Ruf!" sind nur ein paar der Gedanken, die mich Tag und Nacht quälten.
Es fühlte sich an, als wäre ich in einem Raum ohne Fenster eingesperrt. Ich wollte heraus, aber ich wusste nicht, wo die Tür war.
Ich habe versucht, "durchzuhalten", weiterzumachen, einfach nicht darüber nachzudenken. Doch irgendwann wurde selbst das Atmen schwer. Der innere Druck, und der auf meiner Brust, wurden immer stärker. Ich fühlte mich wie ein Beobachter meines eigenen Lebens, als wäre ich nicht wirklich Teil davon. Ich sah wie mir die Zügel meines eigenen Lebens aus den Händen gerissen wurden, von einer Kraft, die ich nicht kannte, nicht einordnen konnte.
Depression nimmt Dir nicht nur die Freude – sie nimmt Dir das Gefühl von Sinn, von Verbindung zu Dir selbst, von Bedeutung. Dafür gibt sie Dir ungebeten Ängste, Selbstzweifel, Hoffnungslosigkeit, Scham und noch einiges mehr.
Mein Tiefpunkt war nicht ein einzelner Moment, sondern ein Zustand, der mich völlig vereinnahmte. Es fühlte sich an, als hätte die Angst die Kontrolle übernommen – sie wurde größer als ich, größer als meine Wünsche, größer als meine Hoffnung. Ich war nicht nur in meinen eigenen vier Wänden gefangen – ich war in mir selbst eingesperrt – ohne Ausweg, ohne Orientierung. Doch heute weiß ich: es gibt Wege hinaus. Damals konnte ich sie nicht sehen.
Bitte entschuldigt, ich hatte die Kommentarfunktion noch nicht freigeschaltet. Jetzt sollte es für jeden offen und nutzbar sein.🙂